05 Mai 2025

bei der Blutspende


[ Habe mir den Spaß gemacht, gleich vis-avis der 2 alten Omis
am Empfang dieses Formular auszufüllen und dabei
mit zusammengepressten Lippen angestrengt zur Decke zu schauen,
während ich eine Fingerkuppe nach der anderen 
 zum Nachzählen antippte.

Priceless. ]  



Warum ich jetzt hier zum ersten Mal seit Jahrzehnten
in einer Grundschule stehe, hat auch mit Deutschland
als Digitalisierungs-Dritte-Welt-Land, erstarrt im Fax-
Zeitalter zu tun.

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praeludium fabulae:

Ich habe zu hohe Eisenspeicherwerte im Blut.
Weitaus zu hohe.
4x höher als maximal noch tolerabel.

Grund: Unklar.

Verdacht der Hausärztin: Hämochromatose.
Verdacht der Hämatologin: Hämochromatose.

höhere Fachprofessor-Gottheit @ Klinikum
Stuttgart A.D. 2020:  "Nö, dass isses nicht."

2025, alle hier so:
"Häää?! Was soll das denn SONST bitte sein?!
Schickt mal Euren Untersuchungsbericht!"


Klinikum Stuttgart: "Ham wa nich mehr, unter
dem Patientennamen gibt's keine Unterlagen hier."

Alle hier so: "Ja dann eben die Kopie, die damals
der vorherigen Hausärztin zugestellt wurde?"

Tja, DIE ist im Ruhestand irgendwo in Südeuropa,
meinte aber vorher schon auf meine Anmerkung,
dass ich die Rezeption nie erreichen könne und
sie keine Emailadresse auf ihrer homepage habe:

"Damit fang' ich jetzt nicht mehr an - Sie sind doch
bei der Versicherung? Wenn's was Wichtiges ist,
schicken Sie mir ein Fax, das les' ich IMMER!"

Ich so (fingerschnipsend wie auf der Schulbank):

"Wenn ich auch mal was sagen dürfte:
Ist der GRUND nicht scheixxegal?? Sollten wir
nicht einfach regelmäßig Blut entnehmen?"

Alle so: "Genau das machen wir, vorne am Tresen
kriegen Sie nachher eine Reihe von Terminen!"


Ich so: "Neee, lasst mal stecken, blutspenden kann ich
auch selber, da gibt's hinterher nämlich
auch keine Arztrechnung!"

 [ EXIT ]

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reditus ad hic et nunc:

Ich stehe gut vorbereitet 5 min vor meinem
Blutspendetermin in einem Raum der Grundschule
meines Wohnortes - in einer Schlange.

Die da gar nicht sein dürfte.

Denn ich habe den ERSTEN Termin gebucht, den es gab,
und trotzdem stehen da 4 Leute in der Schlange und es
liegen nebenan im Entnahmeraum schon ein halbes Dutzend
auf den Liegen.

Den Raum habe ich rein zufällig gefunden.
Schilder? Beschriftungen? Hinweise? Ich bitte sie!

Das Equipment, das die Leute vom DRK hier aufgebaut haben,
passt sehr gut zu dem Inventar:

Alles hier ist mindestens seit 50 Jahren am Start.

Das gilt auch für die beiden Omis, die sich als Helferinnen
an der Spender-Annahme freiwillig gemeldet haben.

Die eine schaut fassungslos auf meinen Personalausweis
und reibt sich die Augen unter ihrer Brille.
Ich kenne das schon.

"Sie brauchen nicht ALLE Vornamen aufschreiben, EINER reicht!"

"Ja, das sieht man auch nicht alle Tage! Welches ist denn
der Rufname?"

"Der Erste!"
"Nur der erste?"
"Ja, nur der erste!"
"Ja wissen Sie, manche haben ja MEHRERE Rufnamen..."

Verstehe mit einem Mal, warum die anderen
alle schon 45 min vor Ihrem gebuchten Termin da waren.

Omi 2 erklärt Omi 1 zum wiederholten (aber sicher nicht zum
heute letzten Mal) die Funktion der rechten Maustaste.

Sodann werden alle meine zahlreichen Erstspenderunterlagen
fein säuberlich vor einen Drucker zum Einzug drapiert, von dem
ich ausschließen kann, dass nach Windows98 jemals neue Treiber
für den raus gekommen sind.

Die Blätter müssen dabei festgehalten werden, da die Druckmaschine
ansonsten alle auf einmal einzöge, wie Omi 2 mir bedeutungsschwer
mitteilt.

Das klappt auch.
Leider macht der Drucker links oben in die allererste Seite
ein Eselsohr beim Einziehen - genau an jener Stelle, auf der
der Scan-Barcode ist.

Welcher nun halb auf der Vorder- und halb auf der Rückseite ist.

Große Augen und ratloses Tuscheln beim Omi-Team.

"Kann man das nochmal ausdrucken?"
"Bestimmt!"
"Und WIE?!"
"Hab ich auch noch nie gemacht!"

Hinter mir stehen inzwischen 6 wartende Spender.

Denke an meine Achtsamkeitsübungen aus dem Kloster
und atme leicht lächelnd und mit geschlossenen Augen
in die Gesamtsituation aus, als der Drucker plötzlich
erneut anspringt und ein weiteres Mal meine Papiere
ausdruckt.

Große Freude bei der Erfolgsmannschaft von 1968.

Ich nehme meine Ausfüllbögen und setze mich direkt
auf den ersten Stuhl gegenüber den Omis.
Dort entsteht das Foto oben.

Ich gebe meine ausgefüllten Papiere ab und schreite
einige Stufen hoch zur Ärztin, die mir in 60 Sekunden
alles Wichtige erklärt und mich eindringlich befragt, ob
ich heute schon wenigstens 1,5 - 2 l getrunken hätte.

Rechne kurz nach:  6 Tassen Kaffee. Passt.
Ich nicke pflichtbewusst.

10 min später. 
Ich stehe wieder an, nachdem ich schon auf der
Spenderliege lag:
Aus dem rechten Arm kriegen sie nix raus.
Alle "linksarmigen" Liegen sind aber besetzt.

Warten.
Hier in dem Raum sind 15 Leute, und davon
war EINER pünktlich zu SEINEM Termin da,
und das bin ICH, und trotzdem warte ich jetzt.

Denke an das Achtsamkeitsseminar.
Denke an Byron Katie's Lehren.

Irgendwann bin ich dran, spende Blut,
bekomme CocaCola und sehr viel
Hansaplastpflaster auf den Arm und dann
ist es auch schon gelaufen für dieses Mal.

Draußen am Auto sortiere ich meinen Papierkram.
Irgendwas fehlt.

Ah. Die Spendernummer. Für künftig schnellere
digitale Buchungen. Die war doch irgendwo.

Wo nur?

Richtig:
Auf dem einzigen Blatt Papier, das sie mir NICHT mitgegeben haben,
weil es für die ÄRZTIN war.

Alles tacko mal wieder.




4 Kommentare:

  1. Als Checkkarte gibt es den dann per Post. Ich spende noch nicht lange und habe noch den Papierausweis erhalten.

    Die waren wenigstens alle nett zu Dir. Das ist nicht immer so und manchmal ein Abenteuer.

    Ich hoffe, es bringt was und Du bleibst dabei.

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    1. Ich bleibe auf jeden Fall dabei, bis sich meine Speichereisenwerte mindestens gedrittelt haben. Leber und Herz brauche ich noch ein paar Jahre in "funktionierend".
      Im Herbst wissen wir mehr.

      Und beim NÄCHSTEN Spendetermin (ich hatte schon 2 weitere im Vorfeld ausgemacht) achte ich darauf, die Spendernummer zu fotografieren.

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  2. Antworten
    1. Bitte genau lesen!
      Da steht „die Erfolgsmannschaft von 1968“ und nicht
      „der JAHRGANG von 1968“ 😁😁😁.

      Die beiden Damen waren sicherlich sehr deutlich >70.
      Oder einfach früh gealtert.

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