zugekommen waren, als ich hier einzog.
Und weil ich ihn irrtümlich gleich mal mit dem
falschen Vornamen ansprach (von jemand, der
nochmal ein Haus weiter wohnt), stellte er sich
ein für alle mal unvergesslich vor:
"Friedhelm ohne Helm".
Er sieht jünger aus, als er ist, deswegen war ich
auch einigermaßen perplex, als ich vor einigen
Monaten erfuhr, dass er bereits Mitte sechzig sei.
Noch perplexer war ich, als er sagte, in zwei Monaten
könne er in Rente gehen und ich ihn fragte, ob er
schon bei der Deutschen Rentenversicherung gewesen
sei und er antwortete, er habe die Altersrente noch
nicht mal beantragt.
Eine erwachsene Tochter habe er, aber der Kontakt
zu ihrer Mutter sei erloschen, und sie selbst habe ich
in den eineinhalb Jahren jetzt hier noch kein einziges
Mal gesehen.
Ebenso wenig wie irgendeine andere Frau.
Weil er sonst nicht groß raus geht (er ist nur 1x in
seinem Leben umgezogen, und das war vom
Nachbarort hierher), lernt er auch niemanden kennen.
Vielleicht war das der Grund, weshalb er eine zeitlang
ziemlich scharf auf Jeannie war, als sie hier in dieser
Wohnung noch zuhause war.
Die hatte mir mal erzählt, dass sie total verstünde,
weshalb seine Tochter nie zu Besuch käme:
Das Haus sei eine einzige verdreckte Müllhalde.
Nie im Leben beträte eine Frau freiwillig dieses Haus.
Jedenfalls kein zweites Mal.
Laut meinen Nachbarn hinderte Jeannie das aber
keineswegs daran, sich seiner Dienste und Hilfsbereitschaft
-sagen wir- an der Grenze zum Ausnutzen zu bedienen.
Etliche Male sei es um Fahrdienste, Hundesitting, Handwerks-
Erledigungen im Haushalt und Umzugshelfereien gegangen.
Und manches Mal, wenn wir alle zusammen bei ein oder
zwei Bier vor dem Geräteschuppen sitzen, kommen mit
zunehmendem Alkoholpegel auch genau diese alten
Geschichten wieder hervor... es sind diese Stories, wo
irgendwann alle schweigen wollen und mit gepressten Lippen
ihre ausgestreckten Zehen in den Adiletten anstarren.
Hin und wieder setze ich mich auch mit ihm allein in den
Rasen, meist, wenn er gerade von der Arbeit im großen
Landschaftsbaubetrieb kommt und noch seine grüne
Latzhose und die braunen knöchelhohen Arbeitsschuhe
an hat.
Aber die meiste Zeit sitzt er abends allein auf der Sonnenseite
seines in Kürze abbezahlten Hauses, noch in seinem Grünmann
und bastelt oder schnitzt irgendwas.
So lange, bis die Sonne hinterm Haus verschwindet.
Und das einzige Licht aus seinem Haus dann der
Fernseher wird.
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