30 Oktober 2023

Sushi am Main

 
Unsere Telefonate sind selten geworden,
was unter Anderem an seinem Arbeitseinsatz,
aber auch an unseren inkompatiblen Freiräumen
für private Telefonate liegt:
Wir spielen sehr oft Anruf-Ping-Pong.

"Was meinst Du, soll ich den nehmen?" hatte meine
Chefin mich am Telefon vor ein paar Jahren zu ihm
befragt.

Und ich so "Dein Ernst? Du kannst Nielsen kriegen
und überlegst da noch?! Der war in meiner alten
Abteilung einer der besten, greif bloß zu!"


Das war übrigens gelogen gewesen - als Nielsen damals
zu meiner Abteilung hinzustieß, war ich dort bereits
wieder weg. Aber ich wusste von der Ex-Frau, dass er
super sei. Und in geschäftlichen Belangen würde ich
ihr Urteil nur selten anzweifeln wollen.

Wir fanden sofort einen Draht zueinander als neue Kollegen.

Wir fuhren in Süddeutschland gemeinsam im Vertrieb herum,
tauschten unsere Jobs, wechselten wieder die Gebiete.

Er kam mit seiner Freundin zu uns zum Grillen, aus seiner
Freundin wurde seine Frau und die Mutter seines Sohnes,
auch ich hatte meinen zeitfressenden  Spaß (Scheidung, Job,
Wohnung).

Aber alle paar Monate mal walk&talk und dann essen gehen
war mit ihm immer mal drin gewesen.

Und tatsächlich klappte freitags auch mal sein Rückruf bei mir.
Kurz vor mittag war das gewesen.

"Schönes Wochenende, Rain! Wo bist Du Montag vormittag?" 

"Ich bin im Auto komme aus Köln zurück. Und Du?"

"Ich bin in Heilbronn. Weißt Du was? Wir treffen uns
in Frankfurt!"


"In FRANKFURT ?! Wie kommst Du denn DARAUF?"

"Ich zeig' Dir einen mega Suhsi-Laden dort, davor
   walk and talk. Wann kannst Du da sein?"


"So gegen elf?"

"Geht klar, ich reserviere uns einen Tisch. Wir treffen uns
draußen auf dem Parkhaus an der Alten Oper! Bis Montag!"


Das hatte ich immer an ihm so gemocht:

Kein langes Zaudern, Zögern, Offenhalten.
Kein mussicherstnochmalguckenobsklappt, nein -
klare, norddeutsche Ansage, und alles ist fix.

Megatyp. Genau die Art Mensch, die mir fehlt in
meinem Alltagsleben.

Und Frankfurt? 'War ich noch nie.

Nur einmal auf einer Hochzeit weiter außerhalb.
Und dann nochmal auf Einladung bei einem der größeren
U.S.-Investment-Traditionshäuser.

Nielsen ist pünktlich (noch so eine Eigenschaft, die
mir an Menschen meiner Umgebung fehlt).

Und er ist Enthusiast in Sachen Frankkfurt:
Unser walk&talk gerät zu einer Besichtigungstour,
Gleich stiefelt er voran und zeigt mir die Börse, wo er für
den heutigen Tag leider keine Zugangskarten für uns 
hat organisieren können, sein Kontakt dort sei im Urlaub.

Aber das obligatorische Foto vor Bulle und Bär muss natürlich sein.


Er zeigt mit dem Finger in den Himmel auf einen Wolkenkratzer.

"Warst Du schon mal da oben? NEIN?! Da MUSST Du hin!"


Und dann schnappt er mich, holt uns zwei Eintrittskarten
und 10 min später wird mir etwas schummerig.
Aber die Aussicht ist grandios.



Heil zurück auf dem Boden naht unser Reservierungstermin,
und den einzuhalten ist ratsam: Offenbar gibt es hier zu
KEINER Uhrzeit einen Tisch, ohne vorher reserviert zu haben.


Das Publikum ist Business pur, die Empfangsdame
könnte ohne Änderungsaufwand in einem James Bond
-Film die hübsche asiatische Bösewichtin spielen.

Sie hat eine absolut märchenhafte Figur im sehr kurzen Kleid
welches oben von großen, von Operateurskunst verschönerten
Brüsten ausgefüllt wird, welche ohne jeden Zweifel sofort
Wochensieger geworden wären in einem meiner früheren
Titten-Blog-Contests.

Von ihr die Augen zu nehmen, wird in der nächsten Stunde
eine Herausforderung. Auch, weil sie sich in ihrer grazilen
Professionalität fast schwebend fortbewegt.

Womit sie einen Gegenpol zu dem anderen Personal in diesem
Laden darstellt, welches ich als irritierend aushilfsmäßig
empfinde, bedenkt man, dass man hier ohne Probleme
50 Euro pro Person für ein Mittagessen loswird.

Unsere Suppen sind aber klasse, auch die hausgemachten
Früchtedrinks - chapeau.




Man kann den Sushi-Meistern hier direkt auf die Finger schauen.
Lediglich die Sachen, die angebruzzelt werden, liegen verborgen
in der Küche dahinter.



Weil ich Sushi erst sehr spät in meinem Leben kennengelernt habe
und sich seither sehr wenige Möglichkeiten ergeben hatten, es zu essen,
fühle ich mich auf Sushi-Speisekarten binnen Sekunden überfordert.

Zumal ich mir die ganzen Bezeichnungen nicht merken kann.
Meinen Begleitungen erkläre ich dann gerne (wiederkehrend),
dass es am besten sei, für mich einfach etwas auszusuchen.

Da das unter (männlichen) Kollegen aber komisch wirkt, 
bestelle ich das, was bei mir immer ein "sure shot" ist:  Ente.

Nielsen hingegen gräbt sich einmal durch jene Sushi-Platte,
weswegen derer man eigentlich in diesen Laden hier reingeht.




Mein Fazit: Klasse Essen, schon.

Und trotzdem nichts, was mir als Erstes einfiele
zum abends Essengehen.

Weil ich einfach so teures Essen nicht wertschätzen
kann und auch nicht möchte. Es ist nicht notwendig,
so viel Geld für Essen auszugeben.
Und weil es wirklich gut, aber nicht überragend fantastisch war.

Wir treten hinaus in den sonnigen, kalten Tag
und machen noch einen Verdauungsspaziergang
zur Oper, dabei durch Bäume und Grün schlendernd,
bevor wir uns verabschieden und unserer Wege weiterfahren.




Gut möglich, dass Frankfurt ab demnächst unser Standardtreffpunkt wird.
Es läge ab Dezember so etwa in der Mitte zwischen uns.

Und wir sind ja beide Berufskraftfahrer.^^

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