Lächerlich, wie viele Jahre ich diese Straße gemieden habe
wie der Teufel das Weihwasser.
Und das nur, weil ich hier irgendwann in den Neunzigern
die schlimmsten Stunden meines Lebens verbracht hatte.
Das war richtig schlimm gewesen, damals.
Ich hatte zwar schon irgendwie Zeichen am Horizont
in den Wochen zuvor gesehen.
Dass die Frau, die ich damals über alles liebte, wohl
nicht so ganz das Gleiche für mich empfand, trotz
innigster Schwüre und Beteuerungen.
Da war ihr Umzug von Bonn nach Köln gewesen.
Zu dem ich meine Hilfe selbstverständlich fix eingeplant hatte.
Und der dann doch ganz plötzlich auf genau das eine Wochenende
vorgezogen worden war, an dem ich genau nicht kommen konnte.
Da war die J.S. Bach -CD, die ich ihr geschenkt hatte mit einem
handgeschriebenen Liebesschwur in wasserfestem Edding drauf.
Welcher 2 Wochen später von der CD-Hülle nahezu vollständig
entfernt worden war.
Da war die Studenten-Abschlussparty gewesen. Auf der mit
einem Mal mein Vorgänger (Hanno) bei ihr da stand
und kurze Zeit später flennend mit ihr auf einer abseits
gelegenen Treppe saß.
Wie ihre Kommilitonin Andrea leicht schwankend die Chance nutzte
und zu mir, der ich allein da stand, zukam und mich beiseite nahm.
Um mir zu sagen, dass ich schnell weit weg laufen solle.
Ich würde hier nur ausgenutzt.
Und ich sei zu lieb für sie.
Und weitaus zu gut für sie.
Aber ich hatte nicht gehört, und nun saß ich da,
an Weihnachten 1998, allein in ihrer Wohnung.
In der Vogelsanger Straße.
Nach 4-stündiger fordernder Fahrt war ich angekommen zu ihr,
damit wir gemeinsam Weihnachten feiern konnten.
Nur wir zwei.
Wie sehr ich mich darauf gefreut hatte.
Wie sichtlich nervös und in Aufbruchstimmung sie gewesen war.
Unerwartet seien Verwandte aus Rumänien bei ihrer Familie
in Ahrweiler eingetroffen.
Da müsse sie sich nur mal sehen lassen, das ginge nicht anders.
In ein paar Stunden sei sie zurück, dann wäre sie ganz da für mich.
Und dann war ich keine 20 min nach meiner Ankunft
wieder allein in ihrer Wohnung gewesen.
Die Stunden vergingen. Nachrichten blieben ebenso aus wie ihr Handy.
Manches Mal stand ich an den bodentiefen Fenstern und schaute
nach unten auf den Platz gegenüber dem Parkhaus, wo mit
Eintreten der Dämmerung immer seltener Paare händchenhaltend
und mit Einkaufstüten beladen aus dem Einkaufszentrum
heraus traten, um nach Hause zu gehen und Kerzen anzuzünden,
Musik anzumachen, Essen zuzubereiten und ihre Zweisamkeit
zu genießen.
Irgendwann waren da nur noch die Beleuchtungen der Straße
zu sehen und niemand kam mehr entlang.
Und da saß ich nun allein, an Heiligabend 1998.
Und wartete.
In der Vogelsanger Straße.
Sie kam an diesem Tag nicht mehr.
Sie kam auch am nächsten Tag nicht zurück.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag schließlich rief sie mittags an,
ganz kurz nur, sie müsse zurück zu den Verwandten,
ich solle wieder heimfahren, nach BaWü.
Es täte ihr so leid, das sei alles ganz anders geplant gewesen,
nun müsse sie aber mitspielen, ganz sicher mache sie alles
wieder gut, sie käme dafür zu mir, an Silvester, für einige Tage,
dann hätten wir Zeit, nur wir zwei, nur für uns.
Ein bisschen traurig über dieses Weihnachten hatte ich meine
Sporttasche wieder gepackt und mich in mein Auto gesetzt,
über eine fast leere A3 war ich an diesem Feiertag zurück
gefahren in das einsame, stets distanzierte Umland nördlich
von Stuttgart.
Aber ich wusste ja, bald würde sie kommen!
Es muss so etwa gegen 22 Uhr am 31.12.1998 gewesen sein,
als mir etwas klar zu werden begann.
Dass sie nicht mehr kommen würde.
Dass sie nie mehr kommen würde.
Ich kann mich an jede der Nächte der nächsten Wochen erinnern,
so als seien sie letzte Woche gewesen.
Nur noch 1x war ich danach in der Vogelsanger Straße gewesen.
Bei ihr.
Vor ihrer Haustür.
1x, das ich mir besser erspart hätte.
Denn hinein gelassen wurde ich nie wieder.
Nun laufe ich also wieder hier durch,
ein gutes Vierteljahrhundert später.
Neue Vertriebspartner von mir sind hier um die Ecke,
das Team ist freundlich, harmonisch, eingespielt und
kommt von der Konkurrenz zu uns.
Sie sind neugierig, alles ist neu und spannend für sie.
Sie sind jung, sie sind hungrig, aufnahmebereit.
Sie nehmen jede Unterstützung, die sie kriegen können.
Sie haben eine hübsche Azubiene, die die atemraubendste
Figur hat, die ich jemals außerhalb des Internets zu sehen bekam.
Die Jungs haben unglaublich gute Manieren und mögen es,
wie ich mit ihnen umgehe.
Hier werde ich gerne hin kommen die nächsten Monate.
Und kann etwas tun, was man immer tun sollte,
wirklich immer, und was ich schon vor Jahrzehnten
hätte versuchen sollen:
Schlechte Erinnerungen mit neuen, guten zu überstreichen.
Boah ey, sag der KI mal, sie soll sich ein wenig anstrengen... Die Bilder, diesmal besonders das mit dem Mann mit den zwei Rucksaecken, sind total verstoerend, wenn man da auch nur ein bisschen weiter reinzoomt. Angefangen bei dem Wesen links mit dem krassen Fischgesicht bis hin zu den Fenstern im ersten Geschoss, die Stoff fuer Albtraeume oder eine neue Staffel Stranger Things liefern.
AntwortenLöschenAus Neugier: Geht es da um "die Frau im weissen Pullover" aus einem fast vergessenen Blog oder war das eine ganz andere Geschichte?
Und, im Nachhinein, ein Vierteljahrhundert spaeter mit Abstand betrachtet: Empfindest Du es immer noch als Die Grosse Liebe [tm] oder war es doch eher reingesteigert und befeuert dadurch, dass Du da nicht der Schlussmachende warst (dann empfindet man es ja immer viel schlimmer als andersrum)?
Worauf FRAUEN so alles achten...^^ aber ja, AI-pics sind bisweilen verstörend. Sie werden aber immer besser, vor Allem seit im Frühsomemr die erste Video-Generierungs-KI an den Start gegangen ist. Freue mich auf die ersten vollständig KI-generierten Pr0n0s, die ersten Clips sind...vielversprechend :-).
LöschenJa, es ging um die Frau im weißen engen Tittenpullover (meine Fresse, gutes Gedächtnis, Frau Moya !!).
Und ja, ich hab das als "die große Liebe "empfunden.
Es ist auch in meinen Augen wenig sinnvoll, das im Nachhein "umzulabeln". Es zählt fürs Leben genau dieser Moment, nur genau diese Lebenslage ist relevant und urteilsbefähigt für das, was sie war.
Ich meinte auch gar nicht "umlabeln" sondern ob Du es im Nachhinein tatsaechlich als was anderes empfindest.
LöschenSo wie ich bei meinem Exgatten damals geschworen haette, ihn zu lieben, im Nachhinein aber sehe, dass ich nur einfach uebelst verknallt in eine Vorstellung von dem, was ich so gern wollte, war, und gar nicht in diesen Menschen selbst, den ich ja auch eigtl. gar nicht kannte. Im Gegensatz zB. zum Vater meines Kindes, wo ich auch heute noch ganz klar empfinde, das war Liebe, auch wenn es nicht gehalten hat.
Das (fuer mich!!) zu unterscheiden finde ich im Nachhinein (fuer mich!!) selbst voll wichtig, schon allein um nicht noch mal so einen Scheiss zu machen .. und war nur neugierig, ob das bei Dir auch so ein Fall war.
Ich verstehe nun besser, was Du meinst - und kann doch zugleich für mich ausschließen, das so zu sehen. Es besteht für mich selbst kein Zweifel, dass ich im Wiederholungsfall absolut sicher wieder genau so handeln, empfinden, reinfallen würde. Und ich bin auf den Scheixx auch noch stolz.
LöschenUnd das ist auch die absolut bessere Variante fuer den Seelenfrieden :)
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