15 Januar 2023
Männer nur noch ambulant
So ganz grundsätzlich ging mein Bild vom Verlauf des Erwachsen-
und Älterwerdens etwa so:
A)
Du bist irgendwann daheim weg und lebst selbständig,
ab dann viel Erleben, viele Partys, viele Frauen.
B)
Irgendwann später (viel später) lernt man dann jemand kennen,
der isses dann, und danach zieht man zusammen und
freut sich jeden Tag aneinander, den man gemeinsam hat.
C)
Das klappt bzw. hält aber nicht immer für ewig, und dann sollte
man zusehen, dass man (bevor mal alt ist) ((also maximal mit 40))
wieder jemanden hat, mit dem man zusammen bleibt forever,
denn bald schon fühlt man sich einsam und kommt im hohen Alter
(so Ende vierzig) nicht mehr so gut wie in jungen Jahren damit
zurecht, allein zu leben.
D)
Im ganz, ganz hohen Alter (Renten eintritt und Folgejahre) spielt
dann Sex eh keine Rolle mehr (zumindest keine, die man wollte)
und dann wird es lebensbedrohlich, allein zu sein, schon weil man
sich selbst nicht mehr so vollumfänglich helfen kann, wenn mal
was ist (Stürze, Brüche, Gummibären sind aus, usw.)
Abgesehen davon hatte ich stets diese unbestimmte Furcht, nicht
allein zurechtzukommen. Immer jemanden "da" haben zu wollen.
So.
Das war also mein frühes Weltbild in 4 Leveln.
3 Level davon hab ich schon durchgespielt,
einige Endbosse inklusive, und darf sagen:
Bis jetzt war schon mal absolut alles davon grottenfalsch.
A) lief schon völlig aus dem Ruder, und dass lieben mal so gar
nichts hilft, wenn es um "Zusammenleben" geht, war eine der
schmerzhafteren Erfahrungen in Teil B).
Weil sich niemand selbst in seinem aktuellen Alter als "alt"
empfindet, mangelt es im aktuellen Zeitaler C) schon mal an
der Grundvoraussetzung.
Aber etwas zutiefst als wahr Empfundenes aus Teil B)
ist hängengeblieben und bestimmt maßgeblich Teil C):
Zusammenleben ist unerwartet oft stressig und reibt auf.
Zusammenleben erfordert Absprachen, Kompromisse, Rücksichtnahmen
und demnach Etliches an "was müssen wir tun, damit das klappt".
Ich habe gesehen, wie Gefühle dazwischen zerreiben.
Ich habe erlebt, was der eigene Habitus - das, was man als normal und
für sich selbst passend und richtig empfindet- mit jenem Menschen
macht, der Einen liebt. Oder der das zumindest selber dachte.
Die Erfahrung hat mir vermittelt, dass es hochwahrscheinlich ist,
dass man den Menschen an seiner Seite auf eine immer wieder
überraschende und mehrheitlich davon eben nicht angenehme
Seite erfährt, wenn man erst einmal dauerhaft zusammenlebt.
Ob es die Uhrzeit ist, wann man selber zu Bett möchte, der Partner
aber noch nicht, aber einer von beiden muss morgen früh raus und
muss daher jetzt ins (gemeinsame) Bett.
Ob es die Art ist wie der Geschirrspüler eingeräumt wird.
In welche Stapel die Maschinenwäsche zu sortieren ist.
Wo die Zahnpasta hingehört.
Ob der eine den Partner beim Einschlafen mit Schnarchen stört, der
andere ihn dafür morgens 90 min vor dem Weckerklingeln mit seinem
eigenen Schnarchen.
Was ich sagen will: Jeder von uns hat sein eigenes "setup", seine Art,
wie er Dinge haben möchte um sich herum und in seinem Leben.
Wann er was tut, und wie und wo, und wann er es lässt.
Und dies dauerhaft einem Kompromiss zu unterwerfen bin ich,
nachdem ich über weit mehr als zwanzig Jahre mit festen Partnerinnen
und zu 95% der Zeit in einer gemeinsamen Wohnung lebend verbracht
habe, nicht wieder bereit.
Es geht nicht darum, dass ich mich nicht einstellen möchte
auf den Partner. Das möchte ich.
Es geht nicht darum, dass ich nicht kompromissbereit wäre gegenüber
dem, was meine Partnerin für sich für gut und richtig hält.
Das bin ich.
Und vor allem geht es nicht darum, dass ich mein setup
für was Besseres hielte. Das ist nicht der Fall.
Was ich aber sage ist, dass ich das nicht mehr an 30 Tagen
im Monat haben will. Keine stationäre Dauereinrichtung.
Ich kann mir sogar gut vorstellen, an 10-14 Tagen
im Monat gemeinsam zu leben, zu lieben, zu lachen und alles.
Und mit Blick auf die Endlichkeit der gemeinsamen Zeit empfinde ich es
sogar als leichter, jene Kompromisse und Absprachen einzugehen,
die notwendig und wichtig sind im Alltag.
Aber danach - will ich wieder zurück in meine Wolfshöhle und
ruhen, kompromissbefreit ausgleiten lassen, andere, eigene Dinge tun.
Nur für mich.
Nur mit mir - oder mit Anderen, die mir auch wichtig sind.
Müsste ich mir einen der vielen Irrtümer aus A)-D) raussuchen als
den irrtümlichsten, es wäre die Furcht vor dem Alleinsein:
Es gab eine Zeit, in der ich so entsetzlich alleine war, dass der Begriff
"mutterseelenallein" nicht besser hätte auf irgendwen zutreffen mögen
als auf mich damals.
Aber irgendetwas hat sich danach geändert.
Nun liebe ich es. Nun brauche ich es.
Aus einem Furchtfeind wurde ein Freund.
Eine gute Freundin, die ebenfalls eine Zeit von Trennung und Scheidung
hinter sich hat, meinte im Gespräch ihre Zukunft betreffend:
"Männer nur noch ambulant!"
Der Satz ist mir fest im Gedächtnis verblieben.
Nach Byron Katie liegt das daran, dass er für mich, mein Leben, wahr ist.
Und Leben, was wahr ist, ist ein Leben, wie es jeder leben sollte.
Finde ich.
9 Kommentare:
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Haha, der Spruch haette glatt von mir stammen koennen ^^
AntwortenLöschenTatsaechlich halte ich es derzeit auch genau so, habe aber dank Mehrgenerationenhaus trotzdem so gut wie nie Zeit nur fuer _mich_, auch wenn gar kein Partner vorhanden / anwesend ist. Das ist teilweise wirklich anstrengend und ich vermisse es ein wenig.
Aber irgendwie ist es auch schoen und nunja, "es ist halt so, wie es ist" und eine meiner Staerken ist Anpassungsfaehigkeit an whatever.
Ich wuerde es noch nichtmal ausschliessen, irgendwann noch einmal mit jemandem zusammen zu leben. Aber niemals mehr auf purer Verliebtheit basierend und niemals mehr ohne laengere Probezeit. Und mit ganz klar definierten eigenen (raeumlichen) Bereichen und (persoenlichen) Freirauemen.
Das ist es wohl, dieses Erwachsensein, diese Erfahrungen, die einen geformt haben. Und wer weiss, ob es irgendwann nicht doch wieder alles ganz anders kommt als gedacht :)
Das mit den "definierten Rahmen" ist genau das, was es ausmacht, um erfolgreich zu sein.
LöschenAuch, wenn es sich sehr nach "Verhandlungen" und weniger nach der Art von Gefühlen und Gedanken anhört, die wir romantischerweise alle vielleicht einmal sehr viel früher in uns trugen.
Trifft anscheinend den Zeitgeist ;-) Zumindest bei mir. Ich zerdenke mir zur Zeit das Hirn, was *ich* eigentlich will. Partner ja oder nein? Es bei dem Status "Besuchsfreund" belassen? Oder doch meiner Sehnsucht nach einem Gefährten nachgehen? Aber bin das ich? Wo ich das Allein-Sein so dringend brauche. Mir die Zeiten, an denen ich allein bin, zum Auftanken, ich-selbst-sein, so dringend brauche? Wie einen tiefen Atemzug, nachdem mir "Draußen" der Atem genommen wurde? Oder fürchte ich mich nur davor, was notwendig ist, um einem Partner gerecht zu werden? Sie sehen, das schüttelt die Murmel im Hirn ganz schön hin und her
AntwortenLöschenDer Schlüsselsatz war in meinen Augen auch der, welcher für mich gilt:
Löschen"wo ich das Alleinsein so dringend brauche."
Das wird einer MENGE an potenziellen Fest-Partnern nicht ganz einfach zu vermitteln bzw. zu verkompromissen sein.
Schütteln Sie nicht so viel Ihre Murmel - denken Sie immer daran,
dass die weltweite Anzahl aller Menschen, die durch Nachdenken
klüger und glücklicher geworden sind, exakt null beträgt.
Somit heißt die Leitlinie: Erstmal glücklich sein und den Moment genießen.
Leben ist am Ende doch nichts Anderes als viele dieser Genussmomente aneinandergereiht - zumindet sind DIE es, an die man sich gerne erinnert.
Und wenn vor die Wahl gestellt:
Lieber in Teilzeit beschäftigt und sich manchmal nach Vollzeit sehnen, als in Vollzeit beschäftigt und sich manchmal nach Teilzeit sehnen.
Kann aber natürlich jeder so handhaben, wie er/sie das für richtig hält :-).
Und eigentlich grossartig, überhaupt die Wahl haben zu dürfen, dafür bin ich echt dankbar.
LöschenIn einem anderen Land, einer anderen Zeit oder im anderen wirtschaftlichen Situationen, gerade als Frau.... brrr ich mag gar nicht drüber nachdenken.
Stelle gerade mal wieder fest, ich hab anscheinend mit der Wahl des Partners großes Glück gehabt. Der hat genau da Ecken und Kanten, wo ich passende Einkerbungen habe. Und umgekehrt ... Gut, ich käme auch nie auf die Idee, ihn dafür zu kritisieren wie er die Spülmaschine einräumt. Hauptsache, die IST eingeräumt, da ist mir doch was WIE total wumpe. Und das gilt für so ziemlich alles andere auch.
AntwortenLöschenUnd weil der Mann so ein Glücksgriff war, kommen mir nach ihm - wenn es ein "nach ihm" geben sollte - Männer nur noch in Form von Vierbeinern ins Haus ... Ich werde seit zwanzig Jahren komisch dafür angeschaut, weil ich den Wert von "Alleinsein" predige - gerade in einer Partnerschaft ist es für mich unerläßlich, daß ich Zeit für mich habe. Ob das alleine in den Urlaub fahren oder spazieren gehen, der Besuch eines Museums oder einfach lesend auf der Couch umeinander gammeln ist, wenn der Mann in der Garage herum schraubt. Ganz egal, Zeit mit mir alleine ist das Wertvollste und Wichtigste, was ich habe, was ich brauche und was ich mir nehme. Das war und ist nicht offen für Verhandlung. Wer das nicht versteht, wird an meiner Seite nicht sonderlich glücklich. Oder gar alt ;-)
Wie es scheint, hast Du eine goldene Regel im Umgang mit Männern intuitiv und von ganz allein entdeckt:
LöschenSag ihm entweder, wie das Ergebnis aussehen möge, ODER den Weg, wie es gemacht wird - aber nie BEIDES. :-)
Irgendwie finde ich den Passus "Zeit mit mir alleine ist das Wertvollste und Wichtigste, was ich habe" bei gleichzeitigem Zusammenleben mit einem Menschen etwas erstaunlich - obgleich er zu 100% richtig sein muss!
Bei Lichte betrachtet finde ich es noch erstaunlicher, dass mich ein wahrer Satz, den ich selbst exakt so für mich auch ausspreche, immer noch selbst erstaunt.
Ich mag in diesem Zusammenhang das Zitat von Konfuzius sehr: "Was du liebst, lass frei." Und richtig, das ist nur das halbe Zitat. Aber der Rest (= "Kommt es zurück, gehört es dir für immer") ist ja auch einfach nur gruselig.^^
AntwortenLöschenIch finde das auch ein wenig...beängstigend. Hat so was Psycho-mäßiges^^. Schlimmer wäre allerdings die umgekehrte Formulierung..."wenn es zurückkehrt, gehörst Du ihm für immer" :-)
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