16 September 2022

Nachbarkontakte

 
Ich weiß noch, wie mein Vermieter anfangs fast schon
leicht drohend, dennoch grinsend zu mir meinte

"Das wird nicht lange dauern, bis der unter Ihnen
mal wegen einem Feierabendbier klingelt."

Das fand ich toll, den Gedanken. 
Dass da mal jemand spontan in meiner Tür steht.

Das letzte Mal, als ich sowas GUT fand, dass da einer
unangemeldet vor der Tür steht, das war 1998.

Da stand unsere blonde Betriebsazubiene mit Sekt, Picknickkorb
und wie sich herausstellte schwarzer Unterwäsche in der Tür.

Die nächsten fünfundzwanzig Jahre standen spontan 
vor der Tür nur noch:

  • Zeugen Jehovas
  • Statdtwerke Ableser  (grundsätzlich unangemeldet)
  • DHL / Hermes / DPD / UPS  (Hermes aber nie vor 20.30 Uhr)
  • Deutsche Flugrettung / DRK / Johanniter -Spendensammler
  • Kumpel mit Fahrrad und Kind, um "den Onkel mal zu besuchen"
  • "Guten Tag, gehören die Ziegen die da ausgebüxt sind und
      auf der Straße stehen vielleicht Ihnen?`"
Bei mir hat noch nie jemand wegen eines Feierabendbieres
geklingelt. Und wie sich herausstellen sollte, ist es zumindest
in den 5 Monaten, in denen ich hier wohne, auch dabei geblieben.

Es gibt nämlich ein paar Punkte, die das erschweren.

Erstens sehen wir uns tatsächlich so gut wie nie:

Tatsächlich sind die beiden von unten dauernd am Wochenende
unterwegs und unter der Woche bin ich abends zu spät daheim und
zu platt für sowas.

Zweitens bin ICH am Wochenende dauernd unterwegs.

Wenigstens 2, oft aber 3 von den Wochenenden eines Monats
bin ich nicht daheim. Und an den verbleibenden Wochenenden
würde ich auch nicht unter Menschen wollen, offen gesagt.

Das größte Hindernis ist wohl aber -drittens- die mögliche
Gesprächsthemenauswahl:

Die Hobbies meines Nachbarn sind riiiiiesige Musiklautsprecher
mit Musik, die ich nicht mag, alte BMWs tunen und CraftBeer.

Und immer wenn ich neben ihm abends einparke, sehe ich
diesen tiefergelegten alten BMW mit einer eindrucksvollen
Aufklebersammlung komplett über die hinteren Fensterscheiben
verteilt.

Mit so thematisch zu seinen Mitmenschen
brückenbauenden Sprüchen wie:


Und dann noch ein gefaktes "GS"-logo.
Mit der Interpretation "geprüftes Spielzeug".

Und einen debil grinsenden Schimpansen mit Sonnenbrille
plus Baseball-Cap, der zwischen seinen Beinen
eine geschälte riesige aufgerichtete Banane hält mit der
Aufforderung, ebendiese zu pellen.

Hmm, was tun? Überhaupt was tun?
Eigentlich hab ich da kein Interesse an was Tieferem.

Andererseits: Sollte man nicht schon einen vernünftigen
Nachbarkontakt haben?

6 Kommentare:

  1. Sie schreiben ja selbst: "Sollte man nicht schon einen VERNÜNFTIGEN Nachbarkontakt haben?" Ich denke, "der unter Ihnen" zählt nicht zu dieser Kategorie ...

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    1. Ah, verstehe - das mit dem „guten Nachbarkontakt“ hatte man demnach auch „so herum“ verstehen können, begreife. Na, kann schon sein, aber zumindest EIN MAL brauche ich den Herrn noch, zwecks handwerklicher Aushilfe. (HolidayRain)

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  2. Ach, was heisst schon "vernuenftig", man kann auch einen freundlich distanzierten Kontakt mit Leuten habem mit denen man nichts anfangen kann (z.b. die Geschwister mit den 5 dauerklaeffenden Trethupen nebenan), ohne mit denen ein Feierabendbier trinken oder sich weitergehend unterhalten zu muessen.
    So lang die friedlich sind - leben und leben lassen. Man muss nicht everybodys darling sein.

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    1. Haste recht. Bin nur ein wenig überempfindlich auf diesem Zahn, geht mit zunehmendem Abstand zu den letzten zwölf Monaten aber sicherlich wieder weg. Und so oft, wie die und auch ich weg sind von daheim, erledigt sich das mutmaßlich ohnehin von selbst. (HolidayRain)

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  3. Nachbarn können manchmal wirklich die Pest sein. Übergriffig, neugierig, besserwisserisch, distanzlos oder rücksichtslos. Merkt man, dass ich viele Umzüge hinter mir habe? Aber nicht wegen der Nachbarn.
    Und dann gibt es die Sterne unter diesen Menschen, hilfreich, humorvoll und empathisch. Ein Lichtblick, wenn man sie trifft und das ist auf Grund der Nachbarschaft glücklicherweise oft der Fall. So eine Nachbarin wäre ich gern, ich arbeite daran

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    1. Ich arbeite auch daran, könnte mir aber gefühlt etwas mehr Mühe geben^^. Wir werden sehen. Könnte mir sogar einen nochmaligen Umzug vorstellen, irgendwas ist bei uns in der Firma gerade dick im Busch (mal wieder)… (HolidayRain)

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