14 November 2023

von Schmetterlingen auf der Hand und von Sanftheit im Herzen

[ der Hi-Score für den
sperrigsten Titel eines Blogposts 
ist mir mit dem heutigen Tag auf lange Zeit sicher.

Aber weil gestern so ein...trauriger Beitrag
hier war, wurde ich um heutigen Ausgleich gebeten.

Was ich zwar nicht müsste.
Was gute Jungs aber eben so machen.

Und ich bin ja ein guter.
Also, manchmal. ]



Ich glaube fest daran, dass man durch wenigstens
2 Arten von Begegnungen zu einem besseren
Menschen werden kann, zumindest temporär:

Das Eine ist die Begegnung mit Tieren.
Das Andere ist die Begegnung mit Musik.

Es passiert hin und wieder noch, dass Wut, Zorn,
Unbeherrschtheit mich überfallen - jedoch nie,
wenn ich in der Nähe von Tieren bin.

"Das macht der aber sonst nie!" ist ein Satz, den ich
oft höre bei Kunden, wenn ich freudig vom Familienhund
begrüßt und beschnuppert werde.

Egal, was ich gerade an habe, ich beuge mich auch stets
hinunter und begrüße den, der mich gerade so freundlich
zu empfangen bereit war.

Kleine Ziegen zu streicheln war auch eine Zeit lang etwas
in meinem Leben, das ich als wahres Privileg empfunden habe.

Oder das unglaubliche Gefühl, ganz nah an einem Pferd
zu stehen und es zu streicheln.

Vielleicht sogar noch getoppt von dem Zutrauen, dass Sie
spüren, wenn Sie vor einem Eselwandern von einem der Tiere
"ausgesucht" werden, das sich neben sie stellt und Sie
sofort spüren, dass das Tier wusste, was es da tat.

Wenn es sich vertrauensvoll an Sie ran drückt beim Striegeln.
Dann entsteht in mir Ruhe, Gelöstsein.

Dann ist eine Sanftheit präsent, um die ich mich sonst
erst bewusst bemühen muss.
Und die sich dann auch genau so anfühlt: Bemüht.

Mehr als einmal sind in Momenten, in denen ich es
gut brauchen konnte, Schmetterlinge auf mir gelandet.
Einmal direkt auf meiner Hand.
Dieses Moment vergesse ich nie.

In der Präsenz von Zartheit (und Schmetterlinge sind die
ultimative Zartheit) versinkt alles Grobe, Laute, Gemeine
im Untergrund, verschwindet aus mir, zieht sich beschämt
in seine Unrelevanz zurück.

Wir sollten daher stets die Präsenz von Zartheit suchen
und spüren, was diese Präsenz mit uns macht.
Es genießen, zelebrieren.

Und wir sollten so oft es geht die Gegenwart von Tieren suchen.
Wie Dr. Schwein in anderem Zusammenhang zutreffend
konstatierte
Tiere werten uns auf.

Mancher sagt, für ihn sei Sanftheit ein Endgegner, doch
ein Endgegner für mich ist das letzte, große zu Bekämpfende.
Die finale Herausforderung also.

Meine Endgegner sind die Unbeherrschtheit, der Zorn, das
nicht-umgehen-Können mit Unrecht und Ungerechtigkeiten.

Was aber, wenn Tiere nicht verfügbar sind,
Lautheit und Unbeherrschtheit uns in ihre Gewalt
zu ziehen drohen? Wenn wir allein auf uns gestellt sind?

Musik.

Es geht nicht um schöne Musik (in dem Sinne, dass es um
das SCHÖNE in ihr ginge, obgleich sie das wohl fast immer auch ist).

Es geht darum, dass bestimmte Musik besondere
Gaben und Fähigkeiten hat.

Sie macht uns temporär zu einem ruhigeren, empfindsameren,
besonneneren, sanftmütigeren Menschen.


Sie poliert etwas Leuchtendes, Scheinendes aus uns heraus, 
holt wieder hervor, was eigentlich immer mal da war,
bevor der Umgang mit Menschen und die Erfahrungen mit
ihnen ihre Patina auf unsere Leuchttürme gelegt haben.

Ich fühle mich in der Gegenwart bestimmter Musik so,
wie ich eigentlich immer sein möchte.
Da sitze ich dann lächelnd, spüre in mich hinein,
denke mir:

So wie jetzt.
So willst Du immer sein.
Jede Minute.

Voller Güte, voller Verständnis, voller Liebe.
Frei von Kunstgefühlen.


Das ist der Weg:
Lassen Sie viel mehr "uns den Sanftmachern" aussetzen.

Lassen Sie uns regelmäßiger die Nähe zu Tieren suchen
und zu solcher Musik, die Zorn, Hektik und Wut
aus uns herauswattebauschen.

Meine Weichmacher, die immer für mich (und vielleicht
in dem einen oder anderen Fall auch für Sie?) funktionieren,
sind diese:

Good Riddance
No leaf clover (live)
Champagne Supernova (Rain version)
WoW - Dalaran Music & Ambience

und weit, weit vor allem, allem Anderen:  Reach out (Thomas Zwjisen version)

Für mehr Sanftheit.
Für mehr Schmetterlinge.






8 Kommentare:

  1. Danke!
    So ein toller Post. Ich habe das Lesen richtig genossen. :-)

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  2. Interessant wie unterschiedlich das ist!! Also das hier:

    "Ich fühle mich in der Gegenwart bestimmter Musik so,
    wie ich eigentlich immer sein möchte.
    Da sitze ich dann lächelnd, spüre in mich hinein,
    denke mir:

    So wie jetzt.
    So willst Du immer sein.
    Jede Minute.

    Voller Güte, voller Verständnis, voller Liebe.
    Frei von Kunstgefühlen."

    Ist bei mir genau andersrum. Ich brauche so was wie Rage against the Machine, Faith no more, harten Techno etc, wenn mir die ganzen (anstrengenden) Gefuehle zu VIEL werden. Einfach um mich abzuschotten dadurch, dass ich voll in die sehr laute Musik rein gehe, von dem ganzen Scheiss namens "Leben".

    Wir haben im Proberaum nebenan eine ... ich weiss nicht was das ist, ich nenne sie "Emo-Rocker", da will man sich immer sofort einen Strick nehmen, wenn die los legen. Kann mir nicht vorstellen, das zu hoeren, wenn man eh schon scheisse drauf ist :O

    Und Tiere gehen immer, das stimmt :)
    Ausser Baeren natuerlich. Die sind zu gruselig.

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    1. Bären haben geradezu lächerlich niedliche Ohrwatschel, als Kind wollte ich immer ein Bärenjunges als persönlichen Freund haben 🐻.
      Und was die Musik betrifft, ja klar, auch das gibt es und auch das muss mal sein. Das meinte ich eigentlich, als ich ausführte, Musik muss nicht nur schön sein - sie hat auch im besten Fall eine FUNKTION. Und sei es abschotten, Dampf ablassen, wegträumen.

      Vor Jahren bekam ich mal am nächsten Tag die Rückmeldung, dass die von mir tags zuvor per Handy gesendete Musik absolut perfekt gepasst hätte auf der Feierabendheimfahrt nach einem beschissenen Tag auf der Arbeit, zum Entfrusten.
      Es ging um Deadmau5, „Suckfest9001“.
      Da bin ich heute noch stolz drauf.

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  3. Ich brüte seit Tagen über meinen Text hierzu. Ich kann alles so bejahen, was oben steht und weiß vor allem, dass ich das jeweilige Tier sehr intensiv mit dem Geruch verbinde. Gerüche machen oft die Sanftheit aus, ob ich Regen rieche, Wald oder Pferde, Blumen, die Düfte von Frühling oder Herbst.

    Bei der Musik ist es ähnlich wie bei Moya. Musik rührt viel an, erdet oder macht einen frei von Gefühlen. Ich kann in ihr jederzeit eine Heimat finden. Wenn es mir nicht gut geht, höre ich Trance, Techno, eingängige Melodien mit Beat ohne Text, bevorzugt abends / nachts.

    Eigentlich ist das Bild von Biene, Schmetterling und Wandelröschen eher Sinnbild für meine Sanftheit. Denn ich werde sanft, wenn ich die Natur beobachte. Stiller Teil davon bin, den Insekten zuhöre, die Vögel im Garten oder am Futterhäuschen beobachte, den Duft von Rosen einsauge oder nur das Wunderwerk einer Blüte bestaune. Sanft werde ich, wenn ich einer Biene oder Hummel Zuflucht gewähre, indem ich sie auf meiner Hand erwärme, wenn sie kalt, nass oder erschöpft ist, den schillernden Rosenkäfer mit der Hand fange, um ihn für einen Moment zu bestaunen.

    Die absolute Sanftheit erfahre ich derzeit im Vorlesen von Märchen. Ich beobachte wie der Gegenüber dabei still wird, sich sehr aufmerksam ankuschelt, diese Zeit genießt, jedes Wort mit allen Fasern aufnimmt. Ich fühle Dankbarkeit und so viel Herzwärme, die man gar nicht in Worte fassen kann.

    Mein Endgegner ist leider auch meine Unbeherrschtheit, die cholerische Art, manches Mal in diesem Zusammenhang die fehlende Impulskontrolle. Der Mr. Hyde in mir hat leider viele Facetten.

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    1. Märchen vorlesen! Das ist...eine wirklich, wirklich gute Idee!
      Die ich schon längst mal hatte umsetzen wollen. Und aufnehmen.
      Indes, die Zielgruppe dafür hat sich...aufgelöst.
      Was aber der therapeutischen Wirkung des Vorlesens keinerlei Abbruch tut.

      Für meine Impulskontrolle unter zum Beispiel Alkoholeinfluss habe ich ein wahrhaft fürchterliches Feedback bekommen. Und natürlich auch erst, als ganz Anderes auf den Tisch gekommen war, sozusagen als Beilage mitserviert.

      Egal, man kann sich schließlich Servierform und Servierzeitpunkt der wirklich wichtigen Lektionen nahezu nie raussuchen. Und ich hab was draus gelernt.

      Abgesehen davon wird das Impulsmonster auch langsam müder und älter.
      Es kommen inzwischen auch weniger Zirkusbesucher als früher, um es zu bestaunen.

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    2. Alkohol ist vermeidbar. Ich bin so ohne externe Einflüsse und es widerstrebt mir massivst. Ich arbeite dran, weil ich mich für den ein oder anderen Ausbruch schon sehr schäme.

      Für Märchen ist man nie zu alt. Man muss nicht unter Kindern sein, um das zu tun. Es lockt doch Erinnerungen an die Kindheit hervor und man kann sich ruhig gestatten, ab und zu wieder Kind zu sein.

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    3. Es tut gut zu lesen, dass auch andere Menschen sich nicht im Griff hatten und auch sie sich dafür schämen. Es motiviert zur weiteren Arbeit an sich selbst. Danke :-).

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