27 August 2022

von den 2 Zuständen

 
Jeder hat mal so Phasen.

Solche, in denen es ihm leichter fällt,
Andere anzusprechen, Anderes zu akzeptieren,
Dinge leicht zu nehmen, die anders als gewünscht
(oder gar benötigt) laufen.

Dinge, deren Ausgang man vielleicht auch nicht versteht,
nichtsdestotrotz hinzunehmen  hat,

Schon immer habe ich es als beruhigend, Sicherheit
vermittelnd, mich selbst strukturierend empfunden, 
mein eigenes Verhalten und Erleben/Empfinden einzusortieren.

So in dem Sinne von "wie geht es mir jetzt gerade damit?" ,
"wie geht es wohl dem Anderen damit?" und
"fällt es mir gerade leicht, dies und jenes zu
bearbeiten / erledigen / verarbeiten / mit umzugehen?".


Und die Quintessenz von all dem ist etwas, das man 
wirklich ganz leicht in einer einzigen Beurteilung
zusammenfassen kann und dann Bescheid weiß:

  • Mag ich mich so?

So wie ich jetzt gerade denke, reagiere, wahrnehme,
bewerte, empfinde?

Mag ich diesen Menschen gerade, der "ich" ist?
Ist das der Normalzustand?

Und falls ja, sollte der so sein?

Das ist, wie ich finde, eine der zentralen und auch
erfolgskritischen Eigenwahrnehmungen für das,
was dann das Eigenbild herstellt, untermauert, fundiert. 

Eine sehr zuverlässige, valide zudem:
Was sich wahr anfühlt, wird es für das eigene Leben
in aller Regel auch sein.

Natürlich gibt es jeden Menschen in den unterschiedlichsten
emotionalen Aggregatzuständen, je nachdem, wann man ihn
anschaut.

Doch dem Grunde nach kenne ich für mich selbst
lediglich zwei Versionen des Eigenempfindens und der
Eigenwahrnehmung:

Der Standardzustand von mir versucht sehr, sehr viel
vorzuorganisieren und zu planen.
Abweichungen davon machen ihn nervös, verunsichern
ihn, verärgern ihn meist.

Zum unter Menschen gehen muss er sich überwinden,
unabhängig von der nahezu ausnahmslos positiven
Erfahrung, die er all die Jahre dabei gemacht haben mag.

Das bin ich, an einem ganz normalen Arbeitstag oder
auch  tagsüber am Wochenende, gewissermaßen der
"factory set" von mir. The default me.

Unpünktlichkeiten nehme ich schnell persönlich.
Am Herd benutze ich zuvor ausgedruckte Rezepte
und Eieruhren.
Spontanietäten und Ideen Anderer empfinde ich
dann als etwas, was stört und zerstört.

Toleranz ist etwas, das ich mir dann hin und wieder über
den Weg von Vernunft und Erkenntnis abringen muss,
als Kopfentscheidung.

Lockerlassen oder spontanen Einfällen Anderer zu folgen,
setze ich nur um, weil ein Verhalten wie ich es eigentlich
aus mir heraus bevozugte den/die Gegenüber vor den Kopf
stoßen würde und ich das noch weniger möchte.

Fehlleistungen Anderer oder berufliche Performances,
die erkennbar unter dem Bedarf der Zielgruppe liegen
oder die ich gerne selber hätte besser umsetzen können,
machen mich dann wütend und frustriert, denn ich möchte
nicht mit drittklassigen Leuten zusammen arbeiten und
gemeinsam mit ihnen "unser Team" genannt werden.

Geduld ist dann nicht meine Stärke.
Lahmarschigkeit macht mich rasend,
und das "mit sich hadern" ist auch so was, das ich selbst nur
im "Normalzustand" von mir erlebe.

Das Normalgefühl im Standardzustand ist Wehmut,
Traurigkeit, ein wenig Heimweh, viel Erinnerungserleben.

Der "Light-Zustand" ist in nahezu jeder Hinsicht
das Gegenbild von mir:

Dann erlebe ich mich selbst als sanftmütig, nachsichtig,
geduldig, verzeihend, drüber hinweg sehend, spontan,
tolerant, entspannt, zugänglich, mutig, eigenen negativen
Gedanken und Empfindungen gegenüber ignoranter, stabiler,
lächelnder, positiv gestimmter, unternehmungslustiger, 
weitaus kreativer, optimistischer, zu wahrerer Emotion fähiger,
sanfter, ehrlicher.

Insofern kann man sagen, mir gefällt der Light-Zustand
von mir selbst weitaus besser, und zu dieser Bewertung
komme ich unabhängig davon, in welchem dieser beiden
Zustände ich mich dann gerade befinde - es ist mir stets
bewusst, gewahr, klar:

Der Light-Zustand ist der bessere "ich".
Ich mag ihn auch deshalb lieber, weil er weitaus weniger weh tut.

Es gibt nur ein Problem mit diesem Light-Zustand.
Aber irgendwas ist ja immer.



4 Kommentare:

  1. Ein toller Post, der mich sehr nachdenklich macht:
    Zum einen, weil er keine Auflösung findet oder ich sie nicht verstehe, obwohl ich deine Worte mehrfach gelesen habe.
    Zum anderen weil ich mich dabei ertappe, mich zu fragen, wie das bei mir ist, wie mein Standard- und Lightzustand aussehen...

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    1. Danke für die Blumen - und ja, es gab bewusst keine Auflösung, ich habe die Zeile in letzter Sekunde gelöscht.

      Eventuell ist Deine Frage gar nicht zu beantworten - nicht jeder muss überhaupt zwei Zustände haben, ich kenne genügend Menschen (für meinen Geschmack zu viele), die sich selbst 24/7 im dem einen, gleichen Zustand wähnen, erleben, zeigen.

      Manche Menschen haben womöglich derer 3 oder sogar noch mehr an Erlebniswelten (<= finde ich inzwischen besser als "Zustände", es klingt weniger pathologisch).

      Mir persönlich hilft das aber, diese Einsortierung in das "wo bin ich jetzt gerade?":
      Ich weiß, wann ich keine Entscheidungen treffen darf und ich weiß, wann ich mir selbst und dem was ich denke nicht glauben darf.

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  2. Danke für den Denkanstoß. Mein ICH wird aber noch dauern, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich mit mir selbst so gnadenlos ehrlich sein kann...

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    1. Das KÖNNEN ist mehr eine Frage des WOLLENS, verbunden mit der Befürchtung des dafür womöglich zu entrichtenden Preises ;-).

      Aus eigener Perspektive darf ich sagen:
      Der für gnadenlos Ehrliches sich selbst (und anderen) gegenüber zu entrichtende Preis wird fast immer gnadenlos zu hoch veranschlagt.

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