21 August 2022

früher war alles besser

 
Das scheint wohl das Problem am Älterwerden:

Man will das einerseits gar nicht so unbedingt,
weiß andererseits aber noch ganz genau,
welche Sätze aus dem Mund VON ALTEN man
selbst nie, nie, nie jemals aussprechen wollte.

Und dann wird man eben doch (komischerweise) älter
und muss sich jedes Jahr mehr auf die Zunge beißen,
diese verdammten SÄTZE nicht auszusprechen.

Obgleich man immer häufiger erlebt, dass Neues (oder
auch nur Ersetztes, Nachgekauftes) im Vergleich zu früher
nun plötzlich eine enttäuschende Erfahrung abliefert.

Meine Lieblingsjeans zum Beispiel.
Grau, slim, stretchig, verzeiht auch mal 7 Kilo zuviel.

das "mal" war jetzt echt gut,
klingt so temporär, lol.
Die Marke produziert noch, die Linie gibt's aber nicht
mehr, sie wurde ersetzt durch einen neuen Schnitt.
Einen wirklich beschissenen neuen Schnitt.

Zum Glück habe ich damals schnell eine zweite identische
Lieblingshose nachgekauft, und diese beiden Hosen trage
ich jetzt, bis die Sonne zum roten Riesen wird und hier unten
alles verglüht.
der aktuelle Sommer war ja
schon ein ganz guter Anfang.

Das Gleiche gilt für meine blaue Chino-Business-Hose:
Nicht mehr zu bekommen,
nicht in der Material-Kombi,
nicht in dem Schnitt.

Habe 5 verschiedene ähnliche Hosen nachbestellt,
habe alle 5 zurück gesendet. Ka-tas-tro-phe, alles.

Dann gibt mein seit Jahren im harten Fronteinsatz
an Herd und am Grill geprüfter "Tupperware Multi-Greifer"
langsam den Geist auf (eine Art Grillzange).

Ich kenne - und glauben Sie mir das- absolut alle Nachfolger
von Tupper, ich war mit Tupper sozusagen verheiratet.

Alle diese Nachfolgeserien sind ausnahmslos: Totale Grütze.

Also jetzt nicht so, dass man da sagen könnte "ja komm,
stell Dich halt nicht so an, der geht doch auch, den behalte ich."

Sondern mehr so "Welcher koksende Praktikant hat sich denn
DAS DING hier nur ausgedacht?! Jedenfalls keiner, der je
selber am Herd stand!"


Das sehen wohl auch eine Menge anderer Leute so:

Dieser Multi-Greifer ist gebraucht vielleicht 2x im Jahr noch
irgendwo zu bekommen - und der Letzte, den ich sah, ging dann
für den doppelten Neupreis von 2001 auf EchoBay weg.

Der aktuelle Dienstwagen mit Stern drauf darf als gehobene
Mittelklasse eingestuft werden, aber:

Wenn man den ganzen blingbling- Schnickschnack mit Displays,
LED und wasnochalles abzieht, bleibt eine prätenziöse aber
wenig am Benutzer orientierte Steuerung, deren CPU heillos
überfordert ist, die ehemals vernünftige und blind ertastbare
physische Schalterfunktionen in lächerliche Touch-Display-
Untermenüs vergräbt und deren Sprach-Steuerung ein
schlechter Witz ist, deren Navi-Stimme gar um einiges billiger,
blecherner, schlechter klingt als jene, die ich um 2008 herum
in meinem Audi A6 hatte.

Meine heißgeliebte Senf-Dill-Sauce für Scheibenlachs,
die einzige, die weder zu senfig noch zu süß noch zu dillig war?
Stellt der Hersteller STÜHRK nicht mehr her.

Habe inzwischen alle Alternativen in allen Märkten in leider 
allen Preisklassen ausprobiert. Fürchterlich.

Ich setze mich morgens ins Auto, dank DAB serienmäßig
gibt es stets 30+ Sender rauschfrei.
Und bis ich auf die Bundesstraße aufgefahren bin, habe ich
-so wahr ich hier tippe- sie alle durchgezappt.
Alle.

Es spielen alle nahezu ausnahmslos nur noch Müll.
Für die eine gute Ausnahme vielleicht alle 2 Stunden mal
lohnt der Warteaufwand, der Frust nicht.

Musik scheint tot zu sein, sie wurde ersetzt durch Klänge.
Und die 80s- und Oldiesender-Playlisten kenne ich inzwischen
auswendig, und so schalte ich doch wieder ab.

An der Raststätte Medebach fahre ich von der A3 runter,
kurzer Kaffee und Entwässern.

Außerdem hatten die immer sehr nette Verkäuferinnen und
fantastische, in durchsichtige Boxen eingepackte Cookies
in hell und Schokodunkel, die ich 'Bin' früher so gerne
mitgebracht hatte.

Und welche (trotz astronomischer Bepreisung) so lecker waren,
dass sie kaum die ersten 10 min nach Ankunft überlebt hatten und
aus diesem Grund einfach hatten angeschafft werden MÜSSEN.

Sie erraten es - die schönen Auslagen sind weg und dort stehen nun
lieblose Aufreißkartons, die netten Kassiererinnen wurden mit
Nachfolgern besetzt, die man für das offerierte Entgelt eben hat
bekommen können und natürlich fehlen nun auch die teuren und
leckeren Kekse.

Stattdessen gibt es den Automatensnack-Müll, den es eben auch
überall woanders gibt.

Jahrelang hab ich gebraucht, um einen schmackhaften und 
bekömmlichen Magenbitter zu finden, zum Beispiel auch, weil
meiner Ex-Frau die umgerechnet 280 Euro pro Liter für das
Medikament Iberogast zu unverschämt teuer erschienen waren
(true).

Tatsächlich war der Bonekamp vom A*DI mein absoluter Favorit.

Und selbstverständlich hat letztes Jahr auch dieser Hersteller seine
Produktion aufgegeben, jetzt gibt es ein Ersatzprodukt gleichen
Namens von  einem anderen Hersteller, der es schafft, den Mist
nach Lakritz schmecken zu lassen.

Ich habe mal 3 Unterhemden von ODLO geschenkt bekommen,
tolle ultraleichte Funktionsunterhemden.
Perfekt für unters Businesshemd.
Nicht mehr zu bekommen, Serie eingestellt.

Von den beiden Nachfolgeserien habe ich jeweils
ein Exemplar gekauft:
Ich ziehe sie nur an, wenn alle 3 alten Unterhemden
in der Wäsche sind - aus Gründen.

Geht's Ihnen auch so?
War früher alles besser?

Ok, das Gegenargument "Pr0nhub" ist
natürlich ein valides Totschlagargument.
Da bin ich bei Ihnen.

8 Kommentare:

  1. Ich dachte, du habest deinen Malmsheimer inniglichst studiert? Nun, das scheint dann doch eher nicht der Fall.

    Egal. Früher war jedenfalls alles ... äh: früher. Und ansonsten sei mal entschieden angeraten, Kaufentscheidungen nach Qualität (und nicht nach Tradition) zu fällen - und den Mist im Zweifel (Saucengedöns) einfach mal selbst anzurühren.

    Prost!
    Z.

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    1. Hab ich, in Malsheimer hab ich sogar den MASTER, und tatsächlich musste ich an den Wurstbrot-skit im Vorfeld auch denken...
      und ich WÜRDE ja gerne Kaufentscheidungen nach QUALITÄT treffen, wenn es nicht so irrsinnig wenig Möglichkeiten dazu inzwischen gäbe!

      Und was das selbst anrühren angeht: Bin schon dabei, mische aus zwei oder drei verschiedenen Saucen eine dafür halbwegs vernünftige zusammen.
      Das sollte aber nicht Sinn der Sache und vor allem kein Dauerzustand sein. Finde ich.

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  2. Ja, das kenne ich auch, das Selbe ist meist nicht mehr in der frueheren Qualitaet zu bekommen und die Suche nach Ersatz muehsam. Aber das damals Gute war ja vllt auch nur ein Zufallsfund, Lockangebot, nie geplant, weiter in der Qualitaet hergestellt zu werden, wer weiss?

    Bei mir isses vor allem bei Ketchup der Fall, ich bin auch ganz kurz davor, einfach Tomatenmark zu wuerzen.
    Dafuer habe ich kein Senf-Dill-Problem - Lachs hier nur mit Meerettich, der schmeckt immer geil und waechst notfalls sogar hier im Garten :)

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    1. Ketchup! Bitte nicht auch noch mein KETCHUP!
      Der Tag, an dem H3inz sein H3INZ KETCHUP einstellt,
      ist der Tag, an dem ich hier die ganze Scheiße anzünde.

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  3. Mir geht's bei vielen Dingen ähnlich. Gabs aber auch vor früher schon: als Jugendliche eine Kommode vom Möbelschweden bekommen. Als ich dann mit dem Exmann zusammengezogen bin, brauchten wir eine zweite. Nr. 1 war Vollholz Kiefer, Nr. 2 nur noch Pressspann mit Furnier (und wegen der C-Seuche musste ich jetzt glatt 2 Minuten überlegen, bis mir das F-Wort vor der Klammer eingefallen ist).
    Mit Musik im DAB-Radio hab ich dagegen nicht ganz so große Probleme. Keine Ahnung, wie viele Sender ich da reinkriegen würde, bei mir läuft nur Rockantenne. Und die schalt ich nur ab, wenn Rammsteins neuestes Sch...Lied kommt.

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    1. Mir sind seit dem ich den Beitrag verfasst hatte (ca. 2 Wochen her) inzwischen noch wenn's reicht zehn weitere Beispiele eingefallen, viele davon genau in der von Dir beschriebenen Art (Mobiliar).

      Genau genommen fallen mir TÄGLICH weitere Beispiele auf.

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  4. Willkommen in der Welt der geplanten Obsoleszenz...

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    1. In der bin ich schon seit Langem zwar angekommen, aber nun ist der Grad des Erträglichen an immer mehr Tagen überschritten.
      Wie gesagt - das ist eine der Teildefinitionen von "Älterwerden" :-)

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